Eierhandgranate
Die Eierhandgranate hat grob die Gestalt eines Eies, eines Apfels oder einer Mandarine. Sie trägt am oberen Ende einen Schlagzünder mit einem Verzögerungssatz von etwa 3 Sekunden. Dieser Schlagzünder wird durch einen Bügel in seiner gespannten Position gehalten, der an der Außenhaut der Granate anliegt und mit einem Splint gesichert ist. Beim Einsatz wird die Granate mit dem Bügel fest in die Hand genommen, wobei der Bügel in der Handinnenfläche zu liegen hat. Dann wird der Splint gezogen. Auch jetzt beginnt noch keine Zündverzögerung zu laufen, die Granate kann noch in der Hand gehalten werden. Erst mit dem Wurf wird der Hebel durch Öffnen der Hand freigegeben, der Schlagzünder zündet den Verzögerungssatz, die Ladung explodiert nach etwa 3 Sekunden.
Handgranate
Zudem diente der Bügel als Kennzeichnungsmittel für die Sprengform. Eine teils rote, teils blaue Färbung macht den Bügel auch bei Dunkelheit erkennbar (siehe Bild oben). Im blauen Farbfeld war die Bezeichnung der Granatenform aufgebracht (z.B. "E- Grenade"= Explosivgranate oder "S- Grenade"= Rauchgranate, manchmal auch nur die Buchstaben, ohne "Grenade"). Bei den bis Mitte 1943 hergestellten Handgranaten fanden sich oft aufgedruckte Kurzanweisungen (z.B. "Pull the ring and throw"= Zieh den Ring und wirf"), die jedoch später entfielen. Einige Soldaten fügten den Anweisungen teilweise sarkastische Bemerkungen hinzu. So war auf einigen dieser Handgranaten zu lesen
- "Pull the ring and throw"...
- "and run" /Zieh den Ring und wirf... und renne
- "and die" /Zieh den Ring und wirf... und stirb
- "him away"/Zieh den Ring und wirf... ihn weg
- "her to your comrade" /Zieh den Ring und wirf... sie deinem Kameraden zu
- "her next to cow /Zieh den Ring und wirf.. sie zu einer Kuh
Die Urform der Eierhandgranate stammt, mit Abreißzünder (Reibungszünder) versehen, aus der Zeit des ersten Weltkriegs. Im Zweiten Weltkrieg wurde von deutscher Seite erneut eine Sonderform der Eierhandgranate mit einem Abreißzünder funktionsgleich der Stielhandgranate produziert. Die Eierhandgranate war im Vergleich zu dieser aber kompakter gebaut, und konnte so in größerer Zahl oder auch verdeckt getragen werden.
Die in Italien im zweiten Weltkrieg verbreitete dosenförmige Handgranate stellt eine Sonderform dar. Die eigentliche Sprengladung befand sich gesondert im Inneren der Außenhülle, die Zündung erfolgte bei Aufschlag (Aufschlagzünder). Durch die mit unterschiedlichen Mitteln realisierte Zündvorichtung wird die Zündung in jeder Aufschlagposition sichergestellt. Ähnliche Zünder wurden gleichzeitig in England hergestellt.
Die englische Mills-Handgranate gleicht dem heutigen Standardmodell, der Zünder befindet sich allerdings gänzlich im inneren der Handgranate. Bei späteren Modellen und den gleichzeitig produzierten deutschen und amerikanischen Modellen wurde dieser eingeschraubt. Bei den russischen Modellen mit leicht anderem Aussehen wurde das Schlagfederstück durch eine Spiralfeder ersetzt. Bei japanischen Handgranaten aus dem zweiten Weltkrieg fehlte das Federschlagstück ganz, die Handgranate musste vor dem Wurf durch einen Schlag auf den Schlagbolzen gezündet werden. Der später produzierte mechanische Abreißzünder mit Schlagbolzen aus Yugoslawien erscheint dagegen sicherer.
Splitterhandgranate DM51
Gewicht Splitterhandgranate |
450 g |
Gewicht Sprenghandgranate |
154 g |
Gewicht Zünder |
64 g |
Länge Splitterhandgranate |
107 mm |
Länge Sprenghandgranate |
100 mm |
Durchmesser Splitterhandgranate |
57 mm |
Splittergröße |
2,0 - 2,3 mm |
Farbanstrich/Beschriftung |
gelboliv/chromgelb |
Heute ist die Eierhandgranate in verschiedenen äußeren Formen, mit dem erwähnten einschraubbaren Schlagzünder die vorherschende Handgranatenform. Der Splitterkörper kann weiterhin als Metallguss oder Blechkörper konstruiert sein, aber auch aus Kunststoff mit eingegossenem Kerbdraht oder Schrotkugeln. Bei einigen Modellen ist der Splittermantel adaptiv. Die bei frühen Modellen innen gelegene Zündschnur, durch Schlag- oder Abreißzünder gezündet, letztendlich eine Adaption der ursprünglichen Grenadiergranate, wurde später durch etwas zuverlässigere pyrotechnische Zündmittel ersetzt.
Die äußerliche Form der Handgranate dient z.T. als Synonym, zur umgangssprachlichen Benennung (Eierhandgranate, Ananas, Kartoffelstampfer, etc.).
Technische Daten der Handgranate 85 (CH)
- Gesamtgewicht ca. 465g
- Gewicht Sprengstoff ca. 155g
- Verzögerungszeit des Zünders 3s
- Splitter:
- Total ca. 1800
- in 5m Abstand vom Sprengpunkt 4-5/m²
- Energie pro Splitter in 5m Abstand vom Sprengpunkt ca. 80 J
Weitere Formen
Eierhandgranaten gibt es in den verschiedenen Versionen und Formen, mit und ohne Splitter, mit zusätzlichem Splittermantel, in Eier-, Apfelsinen-, Ananas-, Dosen- und Kugelform, mit Stahl- und mit Plastikaußenmantel (im Kunststoff eingegossene Splitter).
Neben dem regulären Handgranatenzünder existieren auch (seltener) Aufschlag- und einstellbare Zeitzünder. Der reguläre Zünder wird bei einigen Modellen analog der älteren englischen Mills-Granate in die eigentliche Handgranate integriert. Der Schlagzünder kann die reguläre Schlagfeder oder, in der russischen Form, eine Spiralfeder aufweisen. Von der deutschen Eierhandgranate existierte eine Version, deren Zünder eine Verzögerung von einer Sekunde oder weniger aufwies und teils durch einen roten statt blauen Verschlussknopf gekennzeichnet war. Diese Exemplare wurden in verlassenen Stellungen als "Beute" zurückgelassen.
Neben normalem Sprengstoff (in der Regel TNT) können solche Handgranaten auch Napalm, Phosphor, Giftgas, Thermit, Tränengas oder ein Nebel bildendes Gemisch enthalten (letzteres besteht seit über 100 Jahren in der Regel aus Kaliumchlorat und Milchzucker). Bei dem am Ende des Zweiten Weltkrieges teils verwendeten Nipolit konnte auf eine äußere Hülle verzichtet werden, der Sprengstoff besaß eine ausreichende Festigkeit.
Daneben gibt es auch die sogenannte "Nicht-tödliche" Granate, die "Blitz/Krach" bzw. "Stun"-Granate (engl. to stun = betäuben) bzw. auch Blendgranate. Solche Granaten erzeugen einen extrem hellen Blitz, der das ungeschützte Auge vorübergehend oder dauerhaft blendet, und einen sehr lauten Knall, der über das Innenohr den Gleichgewichtssinn stört und eventuell die Trommelfelle zereißt. Beides zusammen macht das Opfer vorübergehend orientierungslos und kampfunfähig. Solche Granaten werden etwa von Spezialeinheiten der Polizei verwendet, um eine Geiselnahme nach Möglichkeit unblutig zu beenden.
Altertümliche Haftminen auf Klebstoff oder Magnetbasis, mit regulärer Ladung oder Hohlladung, können, für die Panzerbekämpfung gedacht, eine Sonderform der Handgranate darstellen. Die geballte Ladung, eine Handgranate mit mehreren verbundenen Sprengköpfen oder einer großen Hauptladung ist eine andere Möglichkeit. Auch die Kombination aus Benzinkanister und Handgranate, eine spezielle Form des Molotowcocktails, sollte erwähnt werden.
Im ersten Weltkrieg existierten funktionierende Experimente mit Wurfmaschinen für Handgranaten. In Forts gab es spezielle Auswurfschächte für Handgranaten. Die Gewehrgranaten gehen auf Bauformen zum Handgranatenwurf zurück.
Bei einigen Polizeien, z.B. bei der Bayerischen und hessischen Polizei, sind HGr als Mittel des unmittelbaren Zwanges zugelassen.
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